Welche Versicherungen brauchen Azubis?
Derzeit sind bei der Bundesagentur für Arbeit 323 Ausbildungsberufe (Stand: 2023) anerkannt. Allerdings ist die Zahl der Lehrberufe in den letzten Jahrzehnten tendenziell eher rückläufig. So hat sich die Zahl der Ausbildungsberufe laut Statista seit 1971 von mehr als 600 nahezu halbiert.
Allerdings ist auch die Zahl der Auszubildenden ebenfalls rückläufig: Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit erhielten im Berichtsjahr 2022/23 insgesamt 395.678 eine Lehrstelle. Zum Vergleich: Zwei Jahre zuvor waren es noch mehr als 400.000.
Zudem bleiben auch immer mehr Lehrstellen unbesetzt: Allein 2022/23 konnten die Unternehmen 73.444 Lehrstellen nicht besetzen. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren waren es laut Arbeitsagentur noch knapp 60.000. Laut Statista lag die Zahl der Azubis im Jahr 2023 bei rund 1.22 Millionen. Gegenüber dem Vorjahr ist die Anzahl der Auszubildenden zwar leicht gestiegen. Im Zehn-Jahrestrend ist die Zahl der Lehrlinge in Deutschland allerdings um rund 200.000 gesunken. Nichtsdestotrotz ist der Bedarf an Versicherungsschutz für Auszubildende weiterhin hoch.
Krankenversicherung
Zu den unverzichtbaren Absicherungen zählt die Krankenversicherung. Sobald ein Auszubildender im Rahmen seines Arbeitsvertrags eine Vergütung erhält, gilt die Krankenversicherungspflicht. Der Lehrling muss sich also eine eigene Krankenkasse suchen und kann unter Umständen nicht länger bei den Eltern versichert sein. Handelt es sich um ein Studium, kann sich der Jugendliche allerdings im Rahmen der Familienversicherung bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres weiterhin beitragsfrei über die Eltern mitversichern. Allerdings dürfen Studenten unter Berücksichtigung der Werbekostenpauschale nicht mehr als 607,50 Euro verdienen.
Beginnt der Lehrling eine betriebliche Ausbildung mit einer üblichen Ausbildungsvergütung, muss er sich also selbst in der gesetzlichen Krankenversicherung versichern. War der Auszubildende vorher privat versichert, kann er diesen Status in seinem Angestelltenverhältnis zunächst nicht weiter nutzen.
Er könnte jedoch mithilfe eines Optionstarifes eine Anwartschaft abschließen, wenn er davon ausgeht, über kurz oder lang wieder die Voraussetzungen für eine private Krankenversicherung zu erfüllen. Ein späterer Wechsel zurück in die PKV bleibt so möglich. Zudem bleiben die ursprünglichen Konditionen der PKV erhalten.
Die Leistungen bei den Krankenversicherungen sind derzeit zu etwa 95 Prozent identisch. Verbraucherschützer empfehlen jedoch, bei der Wahl der richtigen Krankenkasse nicht nur auf den Beitragssatz zu schauen. Auch Beratung, Service, Erreichbarkeit und besondere Satzungsleistungen wie spezielle Vorsorgeuntersuchungen oder kostenfreie Impfungen sollten in die Entscheidungsfindung mit ein bezogen werden.
Private Haftpflichtversicherung
Wie wichtig die private Haftpflichtversicherung (PHV) ist, darauf machen Verbraucherschützer regelmäßig aufmerksam. Sie springt ein, wenn einem Dritten ein Schaden zugefügt wird. Daher kommt mit dem Ende der Schulzeit oft die Frage auf, ob sich der junge Verbraucher nun allein versichern muss oder wie lange der Schutz der Familienversicherung in der PHV gilt.
Hier gilt: Während der ersten beruflichen Ausbildung muss sich der Azubi noch nicht um eine eigene Absicherung kümmern. Üblicherweise ist er dann im Rahmen der Privathaftpflicht der Eltern mitversichert. Auch für eine eventuelle Wartephase nach der Schule gilt das. Verfügt der junge Mensch jedoch vor der Aufnahme der Ausbildung über eigenes Einkommen aus einer Beschäftigung, muss er sich selbst versichern.
Aber: „Meist sind Azubis bis zum 25. Lebensjahr über die Privathaftpflichtversicherung ihrer Eltern mitversichert – sofern diese eine abgeschlossen haben. Es lohnt sich also, vor Abschluss einer eigenen Police beim Versicherer der Eltern nachzufragen, ob und wie lange man mitversichert ist“, betont BdV-Vorständin Bianca Boss.
Berufsunfähigkeitsversicherung
Spätestens mit dem Beginn der Ausbildung empfiehlt sich der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung (BU). Denn die Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit entsprechen bei weitem nicht der Höhe eines regulären Einkommens. Je jünger und gesünder ein Interessent bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist, desto moderater fällt außerdem die Prämie aus.
Private Unfallversicherung
Eine private Unfallversicherung ist auch für Auszubildende empfehlenswert, da sie – im Unterschied zur gesetzlichen Unfallversicherung – auch Unfälle in der Freizeit, zum Beispiel einen Sportunfall, versichert sind. Bei bleibenden Gesundheitsschäden nach einem Unfall zahlt der Versicherer eine Unfallrente oder eine Invaliditätsleistung.
Krankentagegeldversicherung
Empfehlenswert kann dabei auch der Abschluss einer Krankentagegeldversicherung sein. Diese bietet Versicherungsschutz gegen Verdienstausfall als Folge – ärztlich festgestellter – krankheits- oder unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit. Die Zahlung des Krankentagegeldes (KT) erfolgt dabei nach Ablauf einer vereinbarten Karenzzeit. Vor allem für Azubis, die gesetzlich versichert sind, kann eine solche Police besonders wichtig sein: Denn sie erhalten nach sechswöchiger Lohnfortzahlung Krankengeld nur in Höhe von 70 Prozent des Bruttoeinkommens, höchstens aber 90 Prozent vom Nettolohn, gedeckelt auf die Beitragsbemessungsgrenze (BBG) der GKV. Dadurch entsteht eine Differenz zwischen Krankengeld und bisherigem Nettoeinkommen, die von der Krankentagegeldversicherung gedeckt wird.
Kfz-Versicherung
Benötigt man als Azubi ein Fahrzeug, um zu seiner Arbeitsstelle zu gelangen, ist der Abschluss einer Kfz-Versicherung verpflichtend. Verbraucherschützer empfehlen jedoch, das Fahrzeug als Zweitwagen über die Eltern zu versichern, da die Schadenfreiheitsklasse ohne Rabattmöglichkeiten zu einem vierstelligen Jahresbetrag führen kann.
Altersvorsorge
Sparen für das Alter kann nicht früh genug anfangen. Viele Arbeitgeber übernehmen die Beiträge für eine betriebliche Altersvorsorge (bAV) bereits teilweise oder vollständig. Auch eine Riester-Rente kann sich unter Umständen lohnen: So erhalten Azubis bis 25 Jahre vom Staat eine einmalige Prämie über 200 Euro, wenn sie einen Vertrag abschließen. Auch Vermögenswirksame Leistungen (VL) kommen für Azubis in Betracht. So zahlen manche Arbeitgeber einen monatlichen Beitrag von bis zu 40 Euro für einen Anlagevertrag wie zum Beispiel einen Bausparvertrag oder einen Fondsparplan.